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»Ich komme aus Ironien am Sarkastischen Meer« – Jake im Interview

Er kommt (eigentlich) aus San Francisco, trägt am liebsten Hoodie und Wollmütze, ist Musiker mit Herz und Haltung – und wurde von seiner Mutter auf eine kleine Nordseeinsel umgeroutet. Wir (die Redaktion) haben ihn auf einen Kaffee getroffen und mit ihm über Musik, Möwen und Momente gesprochen – und dabei festgestellt: Man kann selbst in der tiefsten Sackgasse noch ein Glühwürmchen finden.

Jake auf der Bank

Redaktion: Jake, schön, dass du da bist. Du hast den Ruf, Interviews zu hassen. Warum bist du dann gekommen – Erpressung, Mitgefühl oder pure Eitelkeit?

Jake: Ich habe einen Ruf? Wow, wen habt ihr gefragt? Meinen Vater? Der denkt nämlich, dass ich es generell hasse, mit Leuten zu reden. (kratzt sich am Kopf) Das ist Schwachsinn, by the way.
Warum ich hier bin? Eitelkeit sicher nicht! Aber Katja meinte, es wäre gut, wenn ich mit euch spreche. Marketing und so. Sie hätte mich vermutlich erpresst, wenn ich nicht freiwillig gekommen wäre. Aber ich bin Team-Player, also: here I am.

Redaktion: Du siehst dich als Team-Player? Wie passt das zu deiner »Lone Wolf Attitude« auf der Insel?

Jake: Huh! (zieht eine Augenbraue hoch) »Lone Wolf Attitude«?
Wollen wir doch mal die Fakten sortieren, ja? Ich wurde in San Francisco aus allem, was ich kenne und liebe, herausgerissen. Dass ich dann nicht auf Haverooge rumrenne und sofort best buddies mit jedem werden will, ist da doch verständlich, oder nicht?
Ich bin vom Typ her kein einsamer Wolf – aber mein Rudel ist einfach verdammt weit weg.

Redaktion: Okay, wenn du es so ausdrückst... Sag mal: Wenn du deinen Aufenthalt auf Haverooge mit einem Songtitel beschreiben müsstest – welcher wäre das?

Jake: (grinst) »Mächtiger Möwenschiss«. Has a nice ring to it, don’t you think?

Redaktion: Du hast also Humor, sogar auf Haverooge. Aber mal ehrlich: Was hat dich auf der Insel am meisten genervt? Und was hat dich dann – wider Erwarten – irgendwie doch gekriegt?

Jake: Humor? Wenn ihr meine Freunde in San Fran fragt, wo ich herkomme, antworten sie garantiert: »Aus Ironien am Sarkastischen Meer.« (zuckt mit den Schultern)
Und wenn ihr es ehrlich wollt: Was hat mich an der Insel nicht genervt? Katja liebt die Nordsee, ich fand alles daran ätzend.
Und was mich wider Erwarten doch gekriegt hat? Das kann ich nicht beantworten, ohne zu spoilern. Nur so viel: Queller war es nicht.

Redaktion: Kommen wir zur Musik. Du hast ein ganzes Album geschrieben, Under the Surface. Klingt tiefgründig – oder ein bisschen nach Weltuntergang. Was erwartet uns da? Und warum »unter der Oberfläche«?

Jake: Für mich war die Zeit auf Haverooge gefühlt auch Weltuntergang. Oder mein Untergang am Ende der Welt. Meine Muse hat das allerdings ganz anders gesehen. (dreht ein Plektrum zwischen den Fingern) Ihr hat der Nordseewind Auftrieb gegeben. Mein bester Kumpel Sam meint, dass sie sich von meinem Seelenschmerz ernährt hat. Wie auch immer.
Warum das Album so heißt? Na ja – ein bisschen Nähe zum Meer musste sein. Und erwarten tut euch da alles, was unter der Oberfläche gearbeitet hat. All die Gedanken und Gefühle, die ich dort mit mir selbst ausgemacht habe. Frei nach dem Motto: Stille Wasser sind tief. Und in der Tiefe geht jede Menge ab.

Redaktion: Du hast gesagt, Musik hilft dir, dich auszudrücken, wenn Worte fehlen. Gibt es einen Song auf dem Album, den du eigentlich lieber für dich behalten würdest?

Jake: Alle? (lacht) Vor allem die ersten Songs sind sehr persönlich und … (überlegt kurz) … nennen wir es mal emo. Und so sehr ich den Song zu der Zeit gefühlt habe, als ich ihn geschrieben habe: Beauty of Destruction zeigt eine Seite von mir, auf die ich nicht stolz bin. Aber, kleiner Spoiler: Ich hab meine Quittung bekommen und wurde vom Seekönig für ein paar Tage schachmatt gesetzt.

Redaktion: Klingt, als wärst du auf der Insel ordentlich durchgeschüttelt worden – im besten und schlimmsten Sinne. Wenn du heute zurückblickst: Was hast du über dich gelernt, das du vorher nicht sehen konntest?

Jake: Ich habe kein Talent fürs Surfen und kann Bernstein nicht von Kieseln unterscheiden – egal, wie oft Anouk versucht hat, mir diesen Unterschied zu erklären. Meistens im Morgengrauen, weil das angeblich die beste Zeit ist, um Bernstein zu finden. Da liegt mein Hirn aber leider noch im Koma. (seufzt)
Aber was ihr wohl eher meintet: Im Schlechten habe ich gelernt, dass ich bissiger sein kann, wenn ich mich in die Ecke gedrängt fühle, als ich will oder mir lieb ist. Im Guten, dass mein Humor ein Glühwürmchen sein kann – Licht in dunklen Stunden und so.

Redaktion: Letzte Frage, bevor wir dich wieder deiner Gitarre überlassen: Was soll bei den Leuten hängenbleiben, wenn sie deine Geschichte gelesen oder deine Songs gehört haben?

Jake: Dass ich ein großartiger Musiker und sehr charmanter Zeitgenosse bin – was sonst? (grinst schief)
Oh, oh! Katja guckt böse. (grinst noch schiefer)
Lasst es mich anders formulieren: Ich würde mir wünschen, dass Leser*innen und Hörer*innen mitnehmen, dass Dinge sich zum Guten wenden können, auch wenn es anfangs nicht so aussieht. Dass Veränderung nicht immer was Schlechtes ist. Und dass es immer auch an einem selbst liegt, was man daraus macht.
Und natürlich, dass man nicht so bescheuert sein sollte wie ich: Wenn auf einem Schild Lebensgefahr – Betreten verboten steht, hat das in der Regel einen guten Grund.

Redaktion: Danke für deine Zeit und das ehrliche Gespräch, Jake.

Jake: Gerne, gerne. Darf ich noch kurz was ankündigen?

Redaktion: Ja klar, schieß los.

Jake: Bevor Echo & Ember im Winter rauskommt, könnt ihr mich und mein Leben in San Francisco schon in einem kleinen Prequel kennenlernen: Jake & the City. Den genauen Veröffentlichungstermin geben wir bald bekannt.
(beugt sich vor und flüstert) Katja hatte in dieser Story ein bisschen zu viel Spaß daran, mich in echt blöde Situationen zu bringen. Genau wie in Echo & Ember, wenn ich genau darüber nachdenke. Wenn ihr nach dem ersten Kennenlernen also denkt, ich sei ein komischer Typ, liegts nicht an mir! (hebt abwehrend die Hände) Katja wars.
(Jake duckt sich, als von irgendwo am Rand ein zerknülltes Papier auf ihn zufliegt, und fängt dann laut an zu lachen)

Echo & Ember – ein Roman über Heimat, Herzklopfen und zweite Chancen. Und das dazugehörige Musikalbum Under the Surface: Coming soon.